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Grundlegende Problemstellung und Zielsetzung

Allgemein:

Viele Cyber-Physikalische Produktionssysteme (Cyber-Physical Production System, CPPS) enthalten wichtige Komponenten, die mit der Zeit verschleißen. Meistens haben die einzelnen Komponenten eine geschätzte Lebensdauer, bevor sie ersetzt werden. Aufgrund der variablen Produktkomplexität, unterschiedlicher Materialien, Arbeitsbelastungen oder unterschiedlicher Umgebungsbedingungen können sie jedoch ungenau sein. Eine nicht rechtzeitig ausgetauschte Komponente führt dazu, dass unnötige Ausfallzeiten aufgrund von Reparaturen entstehen oder die Produktion/Maschine ausfällt. Deshalb ist es sinnvoll, den Zustand der einzelnen Komponenten mit Hilfe von Sensoren kontinuierlich zu überwachen.

OCME’s VegaHT’s Shrink-Wrapper

OCME’s VegaHT’s Shrink-Wrapper (Bildquelle).

Problem: Insbesondere, wenn die Maschine selbst unregelmäßig gewechselt wird oder auswechselbare Teile mit leicht unterschiedlichen Spezifikationen verwendet werden, kann die manuelle Modellierung des Verschleißes mühsam und zeitaufwendig sein. Im Vergleich dazu bieten maschinelle Lernverfahren einen Weg zur automatischen Modellerstellung. Diese Techniken können schnell neu gelernt werden, wenn ein Systemwechsel dies erforderlich macht. In diesem Modellierungsbeispiel gruppiert eine Maschine lose Flaschen oder Dosen in festgelegten Packungsgrößen, wickelt sie in Plastikfolie ein und schrumpft dann die Plastikfolie durch Heißluft zu einem Paket zusammen. Die Plastikfolie wird der Maschine von großen Spulen zugeführt und dann auf die Länge geschnitten, die erforderlich ist, um die Folie um ein Warenpaket zu wickeln.

Ziel: Die Schneidevorrichtung der Maschine ist ein wichtiger Bestandteil und muss daher ordnungsgemäß eingerichtet und gewartet werden. Das Messer kann jedoch während des Betriebs nicht visuell inspiziert werden, da es von einem Metallgehäuse umschlossen ist und eine hohe Rotationsgeschwindigkeit aufweist. Das Ziel ist es, basierend auf einer kontinuierlichen Überwachung der Schneidklingen die Zuverlässigkeit der Maschine zu erhöhen und unerwartete Ausfallzeiten, die durch fehlgeschlagene Schnitte verursacht werden, zu reduzieren.

Keywords / Stichworte: Lernende Assistenzsysteme, Intelligente Zustandsüberwachung und Wartung

Technisches System

Die ML-Lösung wird auf Grundlage des Datensatzes „Vega Shrink-Wrapper Component Degradation“ entwickelt. Dieser Datensatz wurde dem Forschungsprojekt IMPROVE verwendet. Er enthält Daten einer neuen und abgenutzten Schneidklinge. Der Datensatz kann auf der Seite Kaggle heruntergeladen werden, er ist öffentlich zugänglich und kann unter den folgenden Bedingungen weiterverwendet werden. IMPROVE hat Mittel aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union unter der Förderungsnummer 678867 erhalten.

Welche Daten werden erhoben?

  • Die Dateien im Datensatz haben das Format „mmmBladeNNN.csv“, wobei „mmm“ für den aktuellen Gesundheitszustand der Klinge (new, worn) und „NNN“ für die Nummer der Aufzeichnung im Bereich von 1−3 steht. Jede Datei entspricht einer Messung von ca. 8 Sekunden mit einer zeitlichen Auflösung von 4 ms, d.h. insgesamt 2048 Datenpunkte für jede Datei.
  • Für jede Messung gibt es sieben Merkmale: cut torque, cut lag error, cut position, cut speed, film position, film speed und film lag error.

Lösungsansatz

ML-Methode:

Der hier beschriebene Ansatz basiert auf einem Autoencoder. Ein Autoencoder ist ein neuronales Netz, das unbeaufsichtigt eine niedrigdimensionale Datendarstellungen lernt. Es besteht immer aus zwei Teilen: einem Encoder und einem Decoder. Der Encoder lernt die Eingabedaten in eine interne Repräsentation zu überführen (auch als Flaschenhals oder Bottleneck bezeichnet). Der Decoder lernt die interne Repräsentation wieder in eine Ausgabe umzuwandeln. Das Trainingsziel besteht darin die Eingaben in das Netz zu rekonstruieren. Der Fehler wird auch als Rekonstruktionsfehler bezeichnet, der das Modell für Abweichungen der Rekonstruktion von den Eingaben bestraft.

Struktur des Autoencoders

Struktur des Autoencoders.

Dieses Konzept kann verwendet werden, um z.B. mit einem Autoencoder Anomalien zu erkennen oder den Verschleiß der Komponente anzuzeigen. Hierfür wird der Autoencoder mit den normalen „gut“ Daten der Maschine trainiert, während das Modell anschließend auch an der verschlissenen Komponente getestet wird. Die Annahme ist: der Verschleiß einzelner Komponenten verursachen einen höheren Rekonstruktionsfehler. Anschließend kann der Rekonstruktionsfehler in einen geschätzten Gesundheitszustand umgewandelt werden, der aktuelle Zustand der Maschine widerspiegelt.

Prinzip der Anomalieerkennung mittels Autoencoder: Verschlissene Komponenten verursachen einen höheren Rekonstruktionsfehler, der wiederum auf einen schlechteren Gesundheitszustand hinweist.

Prinzip der Anomalieerkennung mittels Autoencoder: Verschlissene Komponenten verursachen einen höheren Rekonstruktionsfehler, der wiederum auf einen schlechteren Gesundheitszustand hinweist.

Nach welchen allgemeinen inhaltlichen Kriterien werden Entscheidungen getroffen? Wie ist deren Gewichtung?

Als Basis für die Berechnung des Gesundheitszustandes wird ein Autoencoder verwendet. Mit einem Autoencoder kann das Modell weitgehend mit ungelabelten Daten trainiert werden. Dies verringert die Kosten, die mit dem Sammeln einer großen Menge an gelabelten Trainingsdaten verbunden ist. Das Problem beim Aufnehmen neuer Datensätze ist:

  • Nur in wenigen Situationen werden Daten mit einem Label gekennzeichnet.
  • Menschen müssen Daten beschriften und mit Anmerkungen versehen.
Manuelles Labeln ist nicht nur aufwendig und kostenintensiv, bei Industrieanwendungen erfordert die Kennzeichnung oft umfassende Erfahrung mit dem System.

Manuelles Labeln ist nicht nur aufwendig und kostenintensiv, bei Industrieanwendungen erfordert die Kennzeichnung oft umfassende Erfahrung mit dem System.

Wenn eine Industrieanwendung betrachten wird, können zusätzlich folgende Probleme auftreten:

  • Häufig erfordert die Kennzeichnung umfassende Erfahrung mit bestimmten Anlagentypen, Verfahrenstypen oder sogar einzelnen Anlagen.
  • Das Labeln von Daten in industriellen Anwendungen ist sehr aufwendig und kostenintensiv.

Nach welchen allgemeinen inhaltlichen Kriterien wird gelernt?

Anhand der gelabelten Sensordaten wird die Autoencoder Architektur (9-256-32-5-32-256-9) über 40 Epochen trainiert. Mit fortschreitendem Training wird der Fehler zwischen dem Encoder-Eingang und dem Decoder-Ausgang für die Trainingsdaten weiter minimiert. Anschließend wird der Rekonstruktionsfehler in einen geschätzten Gesundheitszustand umgewandelt, indem der Rekonstruktionsfehler normalisiert wird, so dass 95% der Gesundheit dem maximalen Fehler von „gut“ Daten und 5% dem maximalen Fehler insgesamt auf einer logistischen Skala entsprechen.

: Systemgesundheit über die Zeit. Alle Datensätze werden nacheinander ausgegeben. Die vertikalen Linien geben jeweils den Bereich für train, validation und worn Daten an.

Systemgesundheit über die Zeit. Alle Datensätze werden nacheinander ausgegeben. Die vertikalen Linien geben jeweils den Bereich für train, validation und worn Daten an.

Beispielimplementation

Hier geht es direkt zur Beispielimplementation dieser Lösung.

Ansprechpartner

Anton Pfeifer
Email
inIT – Institute Industrial IT
Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe
Campusalle 6
32657 Lemgo